Autorin: Traci Chee / 480 Seiten / Hardcover / Verlag: Carlsen / OT: The Reader / erhältlich bei: Bücher.de, mayersche.de
Der Plot…
Seit Sefias Vater ermordet wurde, kämpft sie sich mit ihrer Tante Nin alleine durch. Aber dann wird Nin entführt und die einzige Spur zu ihr ist ein Buch: ein scheinbar nutzloser Gegenstand in einem Land, in dem fast niemand um die Existenz des geschriebenen Wortes weiß. Doch kaum berührt Sefia das makellose Papier, spürt sie eine magische Verbundenheit und lernt die Zeichen zu deuten. Sie führen sie nicht nur auf eine gefährliche Reise, sondern auch an die Seite eines stummen Jungen, der selbst voller Geheimnisse steckt. Gemeinsam wollen sie Nin finden – und den Tod von Sefias Vater rächen.
Mein Resumé…
Manchmal braucht es eine Weile, bis man sich als Leser in einer Geschichte zurechtfindet. Das merke ich insbesondere im wieder beim Lesen von (Urban)Fantasy. Es ist schwer auszudrücken, warum ich mir Traci Chees Debüt anders vorgestellt habe.
„Dies ist ein Buch.“
Chee schuf mit ihrem Auftakt „Ein Meer aus Tinte und Gold“ eine vielseitige Welt voller Mythen, Weissagungen, Krieger, Schwerter, Piraten, zwielichtigen und wunderbaren Gestalten, sowie jede Menge Magie und…ein Buch.
In dieser Welt können die meisten Menschen nicht lesen, sie wissen nicht was ein Buch ist und wie man es verwendet. Sie verlassen sich auf ihr eigenes Wort. Es gibt für sie kein Leben nach dem Tod. Ihre einzige Hoffnung ist, dass man sich an sie erinnern wird indem man sein Leben mit eigenen Geschichten füllt.
Ist »Ein Meer aus Tinte und Gold« ein Pageturner? Für mich persönlich, nicht unbedingt. Ist es ein Buch, dass ich nicht weiterempfehlen würde? Nein, denn ein so komplexes Weltenkonstrukt wie es in diesem Buch zu finden ist, benötigt einen Gewissen Rahmen zur Entfaltung. Zudem trifft man als Leser auf sehr viele Figuren. Traci Chees Erzählstil ist reich ausgeschmückt und wunderschön zu lesen. Die Handlung ist manches Mal sehr ausufernd, aber nie langweilig und vor allem fühlt sich die Idee neu und individuell an. Das gefiel mir, trotz einiger Schwächen, sehr.
„Es war einmal und es wird eines Tages sein. So fangen alle Geschichten an.“
Seite 250 ~ „Ein Meer aus Tinte und Gold“
Was die Autorin für mich wunderbar meisterte, war die Zeichnung der Figuren. Sefia, die Hauptfigur, existierte vor der Entführung ihrer Tante Nin nur als Schatten dieser. Doch dann muss sie sich mit einem geheimnisvollen Gegenstand namens Buch, alleine durchschlagen. Auf ihrer verzweifelten Suche nach Nin, trifft Sefia auf den stummen Kämpfer Archer.
Archers Figur ist mir am meisten ans Herz gewachsen. Im Kampf ist er ein Tier und man fürchtet ihn geradezu. Doch erfährt der Leser einmal seine Hintergrundgeschichte und erlebt ihn im Umgang mit Sefia, bricht einem das Herz. Chee bietet charakteristisch die volle Bandbreite an Figuren. Von charismatisch, gewalttätig, bis hin zu verletzlich und moralisch abtrünnig.
„Wenn du in Kelanna stirbst, bist du weg. Dort glauben sie nicht an die Seele…
Sie glauben nicht an Nachrichten von den Toten. Die Toten existieren nicht mehr…“
Seite 305 ~ „Ein Meer aus Tinte und Gold“
Gestalterisch ist das erste »Buch von Kelanna« eine Entdeckung und Augenweide, wie ich sie selten in die Hände bekomme. Faszinierende Kalligrafie versehen mit Fingerabdrücken, rätselhafte Buchstaben und Zeichen zwischen den Zeilen, sowie eine Geschichte IN der Geschichte.
Während die erste Hälfte oftmals mit Leerläufen durchlöchert wurde, wie Käptn‘ Lees Revolver es mit seinen Gegnern tut, kam danach ein Aufschwung. Es folgen Schlachten auf hoher See, sowie ein spannender Showdown für Sefia und Archer.
Tacheles…
Traci Chees Debüt ist ein vielversprechender Auftakt, hat aber auch kleine Macken. Diese Serie mit ihrer wundervollen Grundidee und faszinierenden Welt hat großes Potenzial sich zu etwas sehr Besonderem zu entwickeln. „Ein Meer aus Tinte und Gold“ ist eine Ode an fantastische Bücher und ein liebevolles Augenzwinkern an Magie, Freundschaft und unseren Platz in der Welt.