Autorin: Christelle Dabos / 613 Seiten / Übersetzung: Amelie Thoma / Originaltitel: Les Disparus du Clairdelune. La Passe-miroir 2 / Hardcover / Verlag: Insel / erhältlich bei: Bücher.de, mayersche.de
Der Plot…
Ophelia wurde gerade zur Vize-Erzählerin am Hof von Faruk erkoren und glaubt sich damit endlich sicher. Doch es dauert nicht lange, und sie erhält unheilvolle anonyme Drohbriefe: Wenn sie ihre Hochzeit mit Thorn nicht absagt, wird ihr Übles widerfahren. Und damit scheint sie nicht die Einzige zu sein: Um sie herum verschwinden bedeutende Persönlichkeiten der Himmelsburg. Kurzerhand beauftragt Faruk Ophelia mit der Suche nach den Vermissten. Und so beginnt eine riskante Ermittlung, bei der es Ophelia nicht nur mit manipulierten Sanduhren, sondern auch mit gefährlichen Illusionen und zwielichtigen Gestalten zu tun bekommt.
Mein Resumé…
Als im letzten Jahr mit „Die Verlobten des Winters“ der erste Teil der »Die Spiegelreisende« Reihe erschien, wurde ich hellauf vom Debüt der französischen Autorin Christelle Dabos begeistert. Eine magische Welt zerschmettert und auf im Himmel hochschwebenden Archen geteilt, eine junge durch Spiegel reisende Protagonistin deren treuester Begleiter ein lebendiger Schal ist. Zwangsverlobt und weit von ihrem geliebten Heimat-Pol entfernt, musste Ophelia bösen Machenschaften trotzen und sogar ihr Leben verteidigen. Aber sie fand auch Verbündete.
Im zweiten Teil DIE VERSCHWUNDEN VOM MONDSCHEINPALAST setzt die Autorin ihr Können für meisterhaften Weltenbau fort, während die Archen, die familiären Beziehungen und die Geschichten der Charaktere mehr an Tiefe und Kraft gewinnen. Figuren, über die man glaubte schon ein Urteil gefällt zu haben, überraschten mich als Leser einmal mehr. Illusionen, Verrat und Entführungen gibt es zuhauf, während Ophelias gefährliches Abenteuer weitergeht.
Dieses Buch befasst sich mit dem Rätsel, warum die Archen – Fragmente eines zuvor ganzen Planeten – bzw. der Riss entstanden sind. Des Rätsels Lösung gibt es noch nicht, aber man kommt mit Ophelia und Faruk (dem geistlichen Oberhaupt des Pols) der Wahrheit ein ganzes Stück näher. Die Fragmente haben mich persönlich zunächst sehr verwirrt und ich konnte mir erstmal keinen Reim auf all die kryptischen Andeutungen machen, was jedoch meiner allgemeinen Faszination keinen Abbruch tat. Ganz im Gegenteil. Christelle Dabos schafft es, den Leser immer weiter in einen komplett verrückten Strudel aus Intrigen und Hofgetuschel mitzuziehen. Als dann immer mehr bedeutende Persönlichkeiten plötzlich spurlos verschwinden, wird es immer düsterer. Und auch Ophelias Angst nimmt zu, als sie Drohbriefe erhält.
Die ineinandergreifenden Geheimnisse und Bedrohungen werden sorgfältig behandelt, ohne den Leser zu überwältigen. Ophelia ist sowohl nachdenklich als auch fähig, und glücklicherweise drängt Dabos sie nie dazu, etwas anderes zu sein als das, was sie nun einmal ist; nämlich eine schüchterne Archivarin. Sie ist oft still und keine wirkliche Hilfe in einem Kampf. Hinter ihrer ungeschickten, fast kindlichen Art verbirgt sich aber eine entschlossene, mitfühlende, kluge und starke Frau. Man begleitet sie wie sie fällt, wieder aufsteht, verzweifelt und irgendwie doch über sich hinaus wächst. Sie ist eine so sagenhaft toll gezeichnete Hauptfigur. Ich schätze diese Art von Konsistenz sehr, da sie Dabos‘ Charaktere authentischer macht.
Die komplexe und schwierige Beziehung zwischen Ophelia und Thorn wird natürlich auch weiterentwickelt. Man lernt vor allem die Motivationen von Thorn besser kennen und verstehen. Generell konnte mich Thorn im zweiten Band mehr abholen. Er ist nach wie vor ein sehr undurchsichtiger komischer Kautz, aber er wird auch endlich menschlicher.
Die Handlung wurde auch in der Fortsetzung wieder sehr gemächlich voran getrieben, es bleibt aber immer spannend. Zum letzten Drittel stand ich kurz davor innerlich zu explodieren, da sich plötzlich eine sagenhafte Spannung entlud. Zum Glück fließt diese dann wieder in ein für diesen Moment klärendes Ende. Tut jedoch meiner Neugierde auf Band drei, den ich bald beginnen werde, keinen Abbruch.
Tacheles…
DIE VERSCHWUNDENEN VOM MONDSCHEINPALAST ist ein unfassbar fantastischer und spannender zweiter Band, der den bereits starken Reihenauftakt locker abhängt. Ich ziehe meinen imaginären Hut vorm Ideenreichtum der Autorin. Man taucht immer tiefer in eine faszinierend verschachtelte Welt. Die Handlung entwickelt sich im Verlauf in Richtungen, die mich als Leser aufrecht im Sessel erstarren ließen. Figuren mit denen man fiebert und facettenreiche Bösewichte, runden dieses ereignisreiche Abenteuer perfekt ab. Man MUSS einfach weiterlesen. Christelle Dabos mausert sich zu einer Autorin, die ich mir langsam nicht mehr aus meinem Bücherregal wegdenken mag.
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