Autorin: Sarah Winman / Übersetzerin: Elina Baumbach / 240 Seiten / Gebunden mit Schutzumschlag / Verlag: Klett Cotta / Originaltitel: Tin Man / erhältlich bei: geniallokal.de, Thalia.de

Der Plot…

Alles beginnt mit der Reproduktion eines Gemäldes, das Dora Judd an die Wand ihres Wohnzimmers hängt. Fünfzehn Sonnenblumen, wie sie van Gogh im warmen Licht Südfrankreichs malte. Jahre später reist ihr Sohn Ellis zusammen mit seinem besten Freund Michael der Sonne entgegen. Sie tauschen die grauen Straßen Oxfords, das Arbeiterviertel mit der Autowerkstatt und die Fäuste ihrer Väter gegen die Poesie und das Licht des Südens. Gemeinsam entdecken sie, welche Möglichkeiten ihnen das Leben eröffnet, doch auch die Prägungen ihrer Herkunft brechen immer deutlicher hervor. Dann tritt Annie in ihr Leben…

Mein Resumé…

Natürlich fällt noch vor dem Öffnen des Buches, das Cover ins Auge. Es bildet nicht nur den Ausschnitt von Van Gogh’s bekanntester Arbeit ‚Sunflowers‘ ab, sondern hat eine ganz besondere Bedeutung in dieser Geschichte. Mit Sonnenblumen assoziiere ich stets etwas Positives, wie zum Beispiel Freude, Freundschaft und Glück im Leben. Wunderschöne zusammenhängende Aspekte, die alle ihren Raum in diesem kleinen Buch finden.

Die Geschichte beginnt mit einem Kapitel aus Dora Judds – Ellis Mutter – Sicht und wie ein Gemälde sie beeinflusst. Abgelöst wird diese Sichtweise umgehend von Ellis, der zunächst seinen Alltag als junger Witwer schildert und zugleich übergeht in Tagträumereien und Erinnerungen aus seiner Kindheit, und wie er später seiner geliebten Frau Annie begegnete. Er umschreibt aber vor allem, wie einsam sein Leben als heranwachsender Junge in Oxford war, bis zu dem Tag an welchem er Michael kennenlernt. Eine tiefe Verbindung, die ihn prägt und doch immer wieder ängstigt.

Mit dem Entdecken alter Tagebücher von seinem Jugendfreund Michael, verlässt die Autorin Ellis. Michaels Sichtweise bringt einen raueren, weniger verklärten Ton in die Handlung. Mit diesem Sichtwechsel erfährt der Leser, was Michael umtrieb, ihn zerriss und wohin er immer wieder aus Michael und Annies Leben verschwand.

Sarah Winman schildert in ihrem neuen Roman eine Sehnsucht zweier Menschen, die – laut der gesellschaftlichen Norm – nicht sein darf. Man kann LICHTE TAGE als Lebensgeschichte zweier Männer, ihrer komplizierten familiären Beziehung und ihres Bedauerns über getroffene Entscheidung sehen. Aber das Buch beinhaltet ebenso die Begegnungen mit starken Frauen, die es Ellis und Michael ermöglichen wollten, zu ihrer ganz eigenen Wahrheit zu reisen, indem sie ihnen Liebe, Unterstützung, Freundschaft und Familiensinn boten.

Im Großen und Ganzen?!

Persönlich betrachtet, kam ich Michael durch seine offene und raue Erzählperspektive näher, als Ellis. LICHTE TAGE liest sich dementsprechend erstmal mehr leise und vorsichtig, wird durch den Perspektivenwechsel aber zu einer Ansammlung von Sehnsucht, leidenschaftlichen Ausschweifungen, schmerzhaftem Erwachen und müder Kapitulation. Es verblüffte mich, wie viele Emotionen doch in so einem schmalen Buch ihren Platz finden können. LICHTE TAGE wird einige Leser vollends begeistern, andere werden dem Zauber nicht so viel abgewinnen können. Aus meiner sehr bescheidenen Lesersicht ist es Dank seiner emotionalen Tiefe sowie Sarah Winmans romantisch melancholischen Schreibstil, ein außergewöhnlicher Roman. Ich bin neugierig auf die Arbeit der Autorin geworden und werde sicherlich zukünftig wieder zu einem Buch von ihr greifen.

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