Rezension | „Windstärke 17“ von Caroline Wahl

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Autorin: Caroline Wahl / Umfang: 352 Seiten / Gebundenes Leinen / Verlag: Dumont / auch erhältlich bei: geniallokal.de

 

 

 

Der Plot…

Ida hat nichts bei sich außer dem alten, verschrammten Hartschalenkoffer ihrer Mutter, ein paar Lieblingsklamotten und ihrem MacBook, als sie ihr Zuhause verlässt. Es ist wahrscheinlich ein Abschied für immer von der Kleinstadt, in der sie ihr ganzes bisheriges Leben verbracht hat. Im Abschiednehmen ist Ida richtig schlecht; sie hat es vor zwei Monaten nicht einmal auf die Beerdigung ihrer Mutter geschafft. Am Bahnhof sucht sie sich den Zug aus, der am weitesten wegfährt – auf keinen Fall will sie zu ihrer Schwester Tilda nach Hamburg –, und landet auf Rügen. Ohne Plan, nur mit einem großen Klumpen aus Wut, Trauer und Schuld im Bauch, streift sie über die Ostseeinsel. Und trifft schließlich auf Knut, den örtlichen Kneipenbesitzer, und seine Frau Marianne, die Ida kurzerhand bei sich aufnehmen. Zu dritt frühstücken sie jeden Morgen Aufbackbrötchen, den Tag verbringt Ida dann mit Marianne, sie walken gemeinsam durch den Wald oder spielen Skip-Bo, abends arbeitet Ida mit Knut in der »Robbe«. Und sie lernt Leif kennen, der ähnlich versehrt ist wie sie. Auf einmal ist alles ein bisschen leichter, erträglicher in Idas Leben. Bis ihre Welt kurz darauf wieder aus den Angeln gehoben wird.

 

 

 

Mein Resumé…

Wer „22 Bahnen“ gelesen hat, dem wird natürlich Ida schon etwas sagen. Doch hier, in ihrer eigenen Geschichte, ist sie nicht mehr das kleine Mädchen mit dem rot gepunkteten Badeanzug, das nur an Regentagen gerne im Freibad schwimmt. Jahre später, im ungefähr gleichen Alter wie ihre Schwester Tilda im Debüt von Caro Wahl war, hat Ida aufgehört Bilder zu zeichnen. Selbst ihre Leidenschaft für das Geschichten erzählen/Schreiben, bleibt jüngst auf der Strecke.
Ida ist verloren. Sie dreht ihrer alten Wohnung in der Fröhlichstr. den Rücken. Das Zugticket nach Hamburg in der Hand, den schweren alten Hartschalenkoffer ihrer Mutter hinterherziehend und mit einem großen Klumpen aus Wut, Trauer und Schuldgefühlen im Bauch. Und weil diese Emotionen zu groß sind, um Tilda in Hamburg gegenüberzutreten, fährt sie weiter und strandet auf Rügen.
Auf der Insel trifft sie auf Knut und Marianne, die sie unter ihre Fittiche nehmen und die ich schnell ins Herz schloss. Und dann ist da Leif, der ähnlich und doch ganz anders verloren zu sein scheint. Von dem sie weiß, dass er und sie nicht sein sollen. Oder es sich zumindest einredet. Irgendwie beginnt Ida ganz langsam wieder zu atmen. Doch wie das so ist in ihrem Leben, macht das Schicksal auch auf dieser stürmisch-launischen Insel keinen Halt vor ihr und schlägt mit Orkangewalt zu.

Fest daran geglaubt hatte ich, dass die Caro das mit ihrem zweiten Roman mindestens genauso gut wuppt, wie ihr Debüt – und mein Jahreshighlight 2023 – „22 Bahnen“. Aber was da mit „Windstärke 17“ über mich hereinbrach, war nochmal eine andere Nummer. Ein Ticken besser, ohne dass ich klar definieren kann, inwiefern. Vielleicht (ganz sicher) weil Protagonistin Ida eine Naturgewalt ist. Ganz sicher, weil sie unberechenbar ist und es immer wieder schafft, einen winzigen Schritt vorm Abgrund zu stehen.

Obwohl Ida störrisch und selbstzerstörerisch ist, kam ich nicht umhin, sie zu verstehen. Es ist diese realistische, schnörkellose Herangehensweise, mit der Caro Wahl mich als Leser wieder aus den Latschen gerissen hat.

 

 

 

Tacheles…

Auch dieser Roman ist keine lockerleichte Sommerbrise. WINDSTÄRKE 17 und Ida rütteln und zerren am Leser, wirbeln uns durch die Gezeiten. Ein großartiger zweiter Streich der Autorin, den ich jedem nur ans Herz legen kann.

 

 


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