[Review mal anders] „Die Anatomie der Nacht“ von Jenn Bennett

Kategorie: Review mal anders, Rezensionen, Up(to)date | 4 Nestgeflüster

 

Autorin: Jenn Bennett / Umfang: 352 Seiten / Format: Hardcover mit Schutzumschlag / Übersetzerin: Claudia Max / Verlag: Königskinder / erhältlich bei: Bücher.de, 

 

Der Plot…

Vielleicht lernt man solche Jungen ja nur zu später Stunde kennen. Im Nachtbus, wenn man die letzte Bahn verpasst hat und nur hoffen kann, dass Mom auch noch nicht zu Hause ist. Wenn ganz andere Leute unterwegs sind als sonst. Zum Beispiel dieser Typ mit den schwarzen Klamotten, der aussieht, als wolle er den nächsten Schnapsladen ausrauben. Doch Bex stellt fest: Jack ist kein Kioskräuber. Er ist der Graffitikünstler, der seit Wochen San Franciscos Bauwerke mit riesigen goldenen Buchstaben verziert. Aber das hält nicht jeder für Kunst; genauso wie nicht jeder Bex‘ anatomische Studien schön findet.

Bei Tag und bei Nacht, auf den Dächern der Stadt und in den Tunneln der U-Bahn wächst ihr Vertrauen zueinander. Und zwischen ihnen erblüht die Liebe.

 

Anatomie-Zeichnerin trifft auf Graffitikünstler…oder auch: odd meets hip!

Jeder macht diese Erfahrung beim Lesen. Man hat nicht zwangsläufig eine bestimmte Erwartungshaltung von einem Buch, wird dnn aber doch davon überrascht, dass der Eindruck gänzlich anders ist. Man fühlt sogar eine Art Ernüchterung, kann aber nicht dingfest machen, woran das genau liegt. So (oder so ähnlich) erging es mir vor kurzem mit Jenn Bennetts DIE ANATOMIE DER NACHT.

Beatrix (bitte nennt sie lieber Bex) und Jack sind zwei interessante Zeitgenossen, die sich während einer nächtlichen Busfahrt das erste Mal gegenüber sitzen. Die Funken sprühen, es wird etwas geflirtet…und dann nehmen sie erstmal wieder Abschied voneinander. Während Jack ein gefährliches Geheimnis bewahrt, hegt Bex eine zugegebener Maßen etwas (sehr!) morbide Leidenschaft: sie hat ein großes Interesse am Skizzieren/Zeichnen der menschlichen Anatomie…im bereits Verschiedenen Zustand. Daraus eine Karriere zu machen, wird dem zielstrebigen Mädchen aber nicht einfach gemacht.

In dieser Geschichte setzt die Autorin die Liebe zur Kunst – jeglicher Art – in den Fokus. Es war mein Lieblings-Element der gesamten Erzählung. Auch die Kulisse, San Francisco, zog mich in ihren Bann. Eine bunt gemischte, wild pulsierende Stadt. Ein aufregender Mix, der sehr gelungen umgesetzt wurde. Die Kunst bzw. die Lust auf das Verbotene, lässt Bex und Jack dort immer wieder aufeinander prallen. Zwei sehr unterschiedliche Menschen, die sich gegenseitig anziehen. Während Bex u. a. unter dem wachsamen Auge ihrer alleinerziehenden Mutter und finanziellen Einschränkungen zu leiden hat, erfährt man wieso Jack so oft am Campus des Universitäts-Forschungszentrum anzutreffen ist.

Ihre jeweiligen Schicksale und Probleme berührten mich zu Beginn. Als Einheit waren Jack und Bex eine tolle Kombi. Sie werden inspiriert vom Talent des Anderen und unterstützen einander. Im Einzelnen hingegen, brannte ich auf Dauer nicht genug für diese beiden Figuren. Sie blieben zu eindimensional. Daher schaffte es Jenn Bennett ab der zweiten Hälfte nicht mehr so wirklich mich mitzuziehen. Das lag auch daran, dass sich viel an der Oberfläche abspielt. Diverse, interessante aufgegriffende Themen – wie Psychische Störung, Scheidung, Geld, Selbstverwirklichung – wurden gut angekratzt, jedoch nicht genügend fokusiert. Dadurch fühlte sich, meines Erachtens, die Erzählung manchmal als unvollständig an.

Etwas überrumpelt fühlte ich mich, wie extrem offen und abgestumpft die noch sehr junge Protagonistin mit Sex umgeht. Gegen den Akt als Solcher ist natürlich nichts einzuwänden. Allerdings hätte ich mir genauso viel Hingabe bei der Ausführung anderer [nicht unwichtiger] Aspekte im Buch gewünscht.

 

Im Großen und Ganzen?!

DIE ANATOMIE DER NACHT glänzt durch seine ungewöhnlichen Figuren, dem Setting und der Kunst. Allerdings beinhaltet sie auch ein paar Risse, die durch unausgereiftes Aufgreifen diverser Themen und einer zu sehr einnehmenden Liebesgeschichte, entstanden. Andere Leser haben die Geschichte von Bex und Jack sicher anders empfunden. Ich stieg  in den Nacht-Bus und fuhr eine Weile gern mit, war aber nicht allzu traurig, als die Fahrt sein Ende nahm.

 

 

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    4 Nestgeflüster zu “[Review mal anders] „Die Anatomie der Nacht“ von Jenn Bennett”

    1. grass harp am 22. November 2017 um 12:28 Uhr

      Ich weiss noch dass ich damals das Buch sehr gerne gelesen hab, weil es einen irgendwie gut aufsammelt und mitnimmt und mich dieses Thema rund um Kunst auch sehr begeistert hat. Ein bisschen hat es mich auch an „Graffiti Moon“ von Cath Crowley erinnert – hattest du das auch gelesen? Bei beiden fand ich diese verbotenen Graffitielemente irgendwie sehr schoen.

      • Sandy am 22. November 2017 um 14:26 Uhr

        Hallo Hannah,
        schön dich hier zu sehen! Erinnern tu ich mich daran, dass du es in Englisch gelesen hattest und es dir gefiel. Die Thematik an sich fand ich auch sehr spannend, aber es wurde mir (oft) leider zu nebensächlich behandelt. Da hätte ich gerne etwas mehr gesehen.
        „Graffiti Moon“ hatte ich gelesen, ja. Hier war die Schreibe auch sehr besonders…fast lyrisch.

        LG

    2. Jenny am 21. November 2017 um 19:44 Uhr

      Ich finde, trotz deiner Meinung zum Buch, das klingt echt was für mich.
      Ich werde mir mal die Leseprobe laden, um es zu testen:)

      • Sandy am 21. November 2017 um 20:10 Uhr

        Abgeraten habe ich nicht. Und es ist meine persönliche Meinung. Andere Leser fanden es auch sehr gut. ;o) Viel Spaß!

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