Rezension | „Die Nachtigall“ von Kristin Hannah

Kategorie: Rezensionen, Up(to)date | 9 Nestgeflüster

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Autorin: Kristin Hannah / 608 Seiten / Übersetzung: Karolina Fell / Hardcover / Verlag: Ruetten & Loening / OT: The Nightingale / auch erhältlich bei: bücher.de, mayersche.de

 

Der Plot…

Frankreich 1940: Deutsche Truppen von Hitlers Wehrmacht besetzen das Land. Die bisher genossene Idylle findet somit ein Ende. Während Vianne im kleinen Städtchen Carriveau um die Sicherheit ihrer Familie kämpft, ihren Mann Antoinne in den Krieg ziehen lassen, die Tochter Sophie allein durchbringen und einen Nazi-Soldaten beherbergen muss, schließt ihre jüngere impulsive Schwester Isabelle sich der Résistance an. Unter dem Decknamen »Nachtigall« zettelt Isabelle mit der Untergrundgruppe eine gefährliche Befreiungsaktion an und bringt sich, Freunde und Familie dabei in Gefahr. Die Jahre des Krieges, welche die Geschwister getrennt voneinander verbringen, hinterlassen ihre Spuren. Verzweifelung und Hunger werden nur durch Überlebenswillen der Schwestern genärrt. Doch wie lange können sie sich und ihre Lieben noch schützen?

 

Mein Resumé…

Die Begeisterung vieler US-Leser für Kristin Hannahs neues Werk flog mir schon lange vor der Veröffentlichung in Deutschland entgegen. Da ich mich seit geraumer Zeit von Romanen dieser Art magisch angezogen fühle, war ich äußerst gespannt auf das Epos DIE NACHTIGALL. Die Erwartungen waren recht hoch – obwohl ich keines ihrer anderen Bücher kenne – und wurden tatsächlich noch übertroffen. Die Nachtigall

Der Schauplatz der Geschehnisse des historischen Epos ist das im 2. Weltkrieg besetzte Frankreich. Die Handlung beginnt jedoch im Jahr 1995 aus der Sicht einer älteren todkranken Frau, die sich in ihrem letzten Lebensabschnitt an eine längst verdrängte, schmerzhafte Zeit erinnert. Ebenso wählte die Autorin Kristin Hannah die Sichtweisen der Geschwister Vianne und Isabelle, in den Kriegsjahren.
Somit gibt es nicht nur eine Wechsel-Perspektive, sondern auch eine Sicht welche aus einer anderen Zeitebene entspringt. Klingt kompliziert, ist es aber nicht. Tatsächlich konnte ich der Geschichte nach einer kurzen Eingewöhnung sehr gut folgen.

Kristin Hannahs Erzählstil ist atmosphärisch, wunderschön, zieht den Leser in den Bann und gibt dabei einen schonungslosen Blick auf die grauenhafte Zeit des 2. Weltkriegs.

Zunächst ließ es sich die Autorin nicht nehmen, die Schönheit des Landes ausgiebig zu umschreiben. Wie die Menschen dort lebten und liebten. Sie stellt dem Leser die Geschwister Vianne und Isabelle detailgetreu vor und schmückt ihre unterschiedlichen Persönlichkeiten aus. Dadurch wirkt die Handlung auf den einen oder anderen Leser womöglich etwas in die Länge gezogen. Ich schätzte diese Herangehensweise jedoch sehr, denn so lernte ich diese fantastischen Frauen auch sehr gut kennen. Kristin Hannah vermittelte mir somit auch sehr authentisch den Verfall eines Volkes durch den Krieg. Wie sehr ein Mensch körperlich, aber vor allem seelisch gebrochen werden kann.

the-nightingaleDas dieser 600-Seiten starke Wälzer mitunter schon als Schnulze abgetan wurde, kann ich so nicht unterstreichen. Natürlich geht es hier um die Liebe und wie weit zwei Frauen in so barbarischen Zeiten dafür bereit sind zu gehen. Vianne und Isabelle verbindet Liebe, aber auch ein sehr schwieriges Verhältnis. Beide unterscheiden sich grundlegend voneinander, was auch immer wieder zum Streit führt. Diese Gegensätzlichkeit gibt der Handlung so viel Leben und Authentizität. Vianne und Isabelle dabei zu begleiten, war sehr interessant und auch schmerzhaft. Die Verluste, die sie innerlich brachen aber auch zugleich für Schlimmeres wappneten, nahmen auch mich sehr mit.

Obwohl die Figuren und die Handlung rein fiktiv sind, ließ sich die Autorin dennoch von wahren Begebenheiten inspirieren, dieses Buch überhaupt zu schreiben. Tatsächlich basiert die Figur Isabelle auf eine junge Frau namens Andrée de Jongh. Andrée war eine fantastische Frau, die sich immer wieder in höchste Lebensgefahr begab um britischen und amerikanischen Soldaten bei der Flucht vor den Nazis zu helfen. Sie war sich dieser Gefahr vollkommen bewusst und tat, was sie glaubte für sich und ihr Land tun zu müssen.

DIE NACHTIGALL ist als sehr viel mehr zu sehen, als eine historische Schnulze. Kristin Hannah gewährt einen Einblick, unter welchen unvorstellbaren Bedingungen Frauen damals um ihr Leben kämpfen mussten. Es zeigt unter welchen Umständen Menschen über sich hinauswachsen und Entscheidungen gegen ihre eigentliche Vernunft, aber für das Recht zu überleben trafen.

Zu guter Letzt möchte ich noch mein Lob an die Grafik des Verlags, für die sagenhaft schöne Gestaltung des Buchcovers, aussprechen. Eine kräftig goldgelbe Nachtigall ziert den Schutzumschlag, sowie die Kulisse von Paris. Ein Augenschmaus für jeden Buchliebhaber, aber vor allem sehr treffend zum Inhalt.

 

 

Tacheles…

Die Geschichte dieser beiden Frauen geht unter die Haut, weil sie in abgewandter Form von unzähligen Überlebenden des Kriegs erzählt werden könnte. Kristin Hannah hat mir mit DIE NACHTIGALL den Atem geraubt und beispiellose Gänsehaut-Momente beschert. Dieses Epos hallt sehr lange nach, erschüttert zutiefst und schickte mich auf eine Achterbahn der Gefühle. Ein filmreifes Meisterwerk und sehr großes Highlight in diesem Jahr!

 

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    9 Nestgeflüster zu “Rezension | „Die Nachtigall“ von Kristin Hannah”

    1. Christa am 2. Mai 2018 um 07:08 Uhr

      Liebe Sandy,
      Ich lese gerade noch an diesem Buch und suchte, weil ich das häufig so mache, um dem Buch und seinem Hintergrund näher zu kommen, im Internet nach dem Ort Carriveau, der ja eine
      erfundener Ort zu sein scheint. Immer, wenn ich historische Romane lese, frage ich mich , ob die Geschichte einer Tatsache entspringt. So ist es wohl nicht ganz, aber es lehnt sich an die Geschehnisse des 2.Weltkrieges an und steht für viele Menschen und deren Geschichte zu dieser Zeit.
      Mir geht es ähnlich wie dir, und ich hatte auch zu Beginn fast das Gefühl von Shanty, dass es mich langweilte.
      Aber es ist anders. Man muss sich wirklich erst einmal einfinden.
      Dadurch, dass diese Geschichte so sehr der wirklich geschehenen Wahrheit entspricht, ist man geneigt, schneller von der Ereignissen, die folgen erfahren zu wollen. Mein Inneres , meine Neugierde drängte mich und das drückte die schönen Beschreibungen erst einmal in den Hintergrund. Jetzt aber, als ich deine Rezension gelesen habe, fällt es mir leichter, auf die bildschönen Beschreibungen zu achten.
      Nein, der Roman ist nicht langweilig, man muss sich aber, wie du auch sagst, erst mal richtig darauf einlassen.
      Gott sein Dank habe ich deinen Blog gefunden und gelesen.
      Jetzt habe ich noch Dreiviertel vom Buch vor mir und kann jetzt viel mehr geniessen.
      Danke dir.
      Liebe Grüße

      Christa

    2. Shanty am 29. Oktober 2016 um 18:18 Uhr

      Huhu Sandy :)
      Bücher, die im und um den zweiten Weltkrieg spielen interessieren mich normalerweise sehr, doch dieses Buch, ich weiß nicht, ließ mich irgendwie kalt. Ich hatte irgendwie so ein Gefühl, als würde ich mich langweilen dabei, ganz sicher. Deine Rezension dazu lässt mich jetzt aber doch grübeln… Und das ist doch, was gute Rezensionen tun soll, oder? Sehr schön geschrieben!

      Grüßerl, Shanty

      • Sandy am 29. Oktober 2016 um 19:58 Uhr

        Grüss di Shanty,
        jetzt hast du mich aber glücklich gemacht! Danke für die lieben Worte! :*)
        Langweilen tut man sich auf den 600 Seiten sicher nicht. Perfekt für lange Abende/Nächte auf der Couch.

        LG,
        Sandy

    3. ThatYvo am 29. Oktober 2016 um 17:15 Uhr

      Na wenn das mal nicht ein Buch ist, das titelmäßig total auf deinen Blog passt…^^
      Danke für die schöne Rezension. Das Buch ist mir tatsächlich sehr oft begegnet, aber deine Rezension war jetzt der ausschlaggebende Punkt, dass ich es haben will :)

      LG Yvonne

      • Sandy am 29. Oktober 2016 um 19:56 Uhr

        Hehe, das war wohl auch der Grund weshalb der Verlag auf den Blog aufmerksam wurde.
        Und dankeschön! Es freut mich natürlich ungemein, dass ich dich mit der Rezension mehr für das Buch interessieren kann.
        Es ist zwar ein Wälzer, aber wirklich gut zum schmökern und sehr herzzerreißend.

        Lieben Gruß

    4. Jen am 21. Oktober 2016 um 10:05 Uhr

      Hallo Sandy,

      das klingt wunderbar! Ich hatte das Werk letztens noch zwischen den Fingern, weil es mich durch sein Cover dazu verführt hat – es ist wirklich ein absoluter Hingucker. Aber obwohl ich Geschichte studiere, habe ich mich lustigerweise noch nie an einen historischen Roman herangetraut – obwohl ich dieses Genre sogar auf meinem SuB habe…

      Trotzdem, dieses Werk zieht durch seine Gestaltung und die vielen positiven Rezensionen einfach an, deshalb packe ich es auf direkt mal auf den Wunschzettel.

      Liebe Grüße!
      Jen

      • Sandy am 29. Oktober 2016 um 19:59 Uhr

        Hi Jenny,
        ja, an historische Romane traue ich mich auch oft nicht. Aber es gibt so Schätze, die man sich wirklich nicht entgegen lassen sollte. „Die Nachtigall“ gehört absolut dazu.
        Vielleicht wird es ja auch dich im Herbst/Winter so berühren…

        Grüße dich lieb,
        Sandy

    5. Sommermaedel22 am 18. Oktober 2016 um 15:33 Uhr

      Liebe Sandy,

      Ich musste richtig schmunzeln bei deiner Rezension zu diesem Buch, denn als ich begonnen habe zu lesen ist mir wirklich als erstes in den Sinn gekommen: Du hast momentan einen Faible für diese Art von Büchern, denn immer wenn ich eine Rezi lese spielt diese häufig in der Nazi-Zeit. Ich finde das aber nicht schlecht, denn ich mag solche Bücher auch ganz gerne lesen. Nur manchmal brauche ich dann eine Auszeit. Wobei mich dieses Buch schon arg anlacht, vor allem wegen deiner Begeisterung dafür.

      Liebe Grüße
      Corinna

      • Sandy am 20. Oktober 2016 um 09:08 Uhr

        Hi Corinna,
        also ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass dir das Buch nicht gefallen könnte. Sie geht zwar sehr ans Herz und Nieren, aber Geschichten dieser Art haben seinen Zweck nicht erfüllt, wenn sie es nicht tun.
        Man fiebert unendlich mit den Figuren.

        LG,
        Sandy

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