Rezension | „Liebewesen“ von Caroline Schmitt

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Autorin: Caroline Schmitt  / 221 Seiten / Hardcover mit Schutzumschlag / Verlag: Eichborn / erhältlich bei: geniallokal.de, Thalia.de

Die Klappe…

Vor drei Monaten war ich sicher, dass ich nicht schwanger werden konnte. Dann war ich sicher, dass der Abbruch erfolgreich gewesen und ich in meinem Körper wieder allein war. Ich lag in beiden Fällen daneben.

Lios Körper ist ihr Albtraum, daran ändert auch ihr Freund Max nichts. Als sie ungeplant schwanger wird, starrt sie nicht nur fassungslos auf den positiven Test, weil jemand wie sie doch gar nicht schwanger werden kann, sondern auch auf das Ende einer mühsam erarbeiteten Normalität. Sie ist unfähig, Max von der Schwangerschaft zu erzählen, und genauso unfähig, diese zu beenden. Während das Kind in Lios Bauch wächst, prasseln Erinnerungen auf sie ein: an ihre kalte Mutter, ihren hilflosen Vater und an all das andere, das sie für immer vergessen wollte. Zum ersten Mal stellt sie sich ihrer Vergangenheit – und riskiert damit, dass alles zusammenbricht.

Mein Resumé…

Ich hatte das Glück, das Debüt der Journalistin Caroline Schmitt bereits vor wenigen Wochen zu lesen. Wie der Klappentext bereits erahnen lässt, hat die Handlung ne Menge »Wumms«. Da wird nicht zu viel versprochen.
Mit Protagonistin Lio traf ich auf eine Frau, die ihre ganz eigene Meinung zu Beziehungen und Mutterschaft („Braucht man beides nicht, das erste kann man aber mal probieren..“) hat. Nach jahrelangem Singledasein trifft sie via Online Dating auf Max. Sie fühlt sich wohl bei ihm…irgendwie. Nur das körperliche Rumgeeier macht ihr zu schaffen. Jahre später, die beiden leben inzwischen mit vielen Tiefen und vereinzelten Höhen zusammen, wird sie schwanger. Der perfekte Zeitpunkt ihre Beziehung zum Vater ihres absolut ungewollten »Dings« komplett in Frage zu stellen. Doch leider fehlt ihr die Fähigkeit ihm davon zu sagen, geschweige es zu beenden.
Begleiten tut man Lio fortan in ihre Vergangenheit und beginnt zu sehen, wo all diese Zerrissenheit und der Körperhass eigentlich herkommen. Dieser Aspekt, die Reise zurück, ließ mich frösteln und bangen, und verstehen.

Für Autor:innen, die es dennoch schaffen ein Buch mit solch schwierigen Themen und Figuren zu schreiben, ohne es in eine gänzlich schwere Lektüre zu verwandeln und gleichzeitig einen pointiert ironischen Unterton einbringen, habe ich sehr viel übrig. Caroline Schmitt schreibt wie der Teufel. Sie lässt Lio schonungslos auf den Leser los. LIEBEWESEN schockiert dabei stellenweise, ließ mich aber auch oft bejahend in die Luft boxen, rüttelte an mir rum und ließ mich zwischendurch unzufrieden im Regen stehen. 

Aber dieses Debüt berührt und sorgt dafür, dass man noch länger an Lio und länger an das was Beziehungen auch sein können (nicht müssen), denkt. 

Tacheles…

Mit LIEBEWESEN liefert Caroline Schmitt ein Debüt, von dem sich nicht wenige Frauen wünschen werden, sie hätten es geschrieben. Protagonistin Lio ist komplex, abschreckend ehrlich, herrlich provokativ, nicht leicht und dennoch in so vielen Momenten sehr leicht zu verstehen. 



TW: Sexuelle Gewalt, Missbrauch, Häusliche Gewalt, Depression, Schwangerschaftsabbruch

 


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