Review | Buch vs. Film – „Wunder/Wonder“

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USA 2018 • 114 Min. • Regie: Stephen Chbosky • Drehbuch: Steve Conrad, R.J. Palacio, Jack Thorne • Basierend auf dem Roman von: Raquel J. Palacio • Mit: Jacob Tremblay, Julia Roberts, Owen Wilson, Mandy Patinkin • FSK: ohne Altersbeschränkung • Verleih: StudioCanal  • Kinostart: 25.01.2018

 

Handlung…

Der zehnjährige August „Auggie“ Pullman ist anders. Dennoch wünscht er sich, wie alle Jungen in seinem Alter, kein Außenseiter zu sein. Weil er seit seiner Geburt so oft am Gesicht operiert werden musste, ist er noch nie auf eine richtige Schule gegangen. Aber jetzt soll er in die fünfte Klasse kommen. Er weiß, dass die meisten Kinder nicht absichtlich gemein zu ihm sind. Am liebsten würde er gar nicht auffallen. Doch nicht aufzufallen ist nicht leicht, wenn man so viel Mut und Kraft besitzt, so witzig, klug und großzügig ist – wie August.

 

Gegenüberstellung Buch vs. Film…

Auf die Adaption WUNDER, zum gleichnamigen Buchbestseller von Raquel J. Palacio, habe ich mit großer Neugierde gewartet. Das lange Warten, so finde ich, hat sich aber gelohnt.

Vor fünf Jahren schaffte Raquel J. Palacio, die eigentlich Kinderbuchillustratorin ist, mit ihrem warmherzigen Debüt ein buchstäbliches Wunder. Vor meinem Kinobesuch las auch ich endlich die Buchvorlage. Natürlich lernt man zu Beginn ausgiebig den kleinen, wunderbaren August alias Auggie kennen. Ein zehnjähriger Junge mit einer schweren Entstellung im Gesicht. Was ihn aber vor allem ausmacht, ist sein Humor und seine Warmherzigkeit. Aus der Ich-Perspektive gewährt er dem Leser offenherzig Einblicke in seine Welt. Er wächst in einem behüteten Haus auf, mit Eltern die alles für ihn tun, seiner älteren Schwester Via und seinem besten Freund, Hund Daisy. Das sein Leben und vor allem er selbst nicht normal sind, ist ihm durchaus bewusst. Viele Operationen musste Auggie bereits seit seiner Geburt über sich ergehen lassen. In den letzten vier Jahren wurde er von seiner Mutter Isabel Zuhause unterrichtet. Doch nun glauben seine Eltern, dass August alt genug ist, auf eine richtige Schule zu gehen. Sie möchten ihren Jungen mit Gleichaltrigen aufwachsen sehen. Eine Idee, die dem Jungen gar nicht gefällt.

Genau wie Auggie, wird einem als Leser erst einmal ganz Bange. Die erste Zeit auf der neuen Schule gestaltet sich schwierig. Als Kind mit Behinderung muss es sich anfühlen, als ob man in ein Haifischbecken geschmissen wird. So ist August einigen unangenehmen Situationen, wie Isolation, Glotzereien und sogar Mobbing ausgesetzt. Kinder können durch Nichtwissen und dem Einfluss von Erwachsenen/Eltern, unter Umständen zu grausamen kleinen Monstern mutieren. Aber Tatsache ist, dass Auggie – bis auf seiner Entstellung – ganz und gar nicht anders ist. Er ist ein wundervoller Kerl der sich Freunde in seinem Alter wünscht, den Weltraum und Star Wars liebt. Das merken auch Summer und Jack Will schnell, zwei Mitschüler, die sich ernsthaft für ihn interessen.

Jacob Tremblay verleiht seinem zehn Jahre alten Charakter all diese wundervollen Eigenschaften. Er lässt Auggie als süß, intelligent und gewitzt auf der großen Kinoleinwand erstrahlen, auch wenn er einen Astronautenhelm trägt um sich zu verstecken. Tremblays Darstellung ist ungeheuer authentisch. Trotz der Entstellung, sitzt jede Emotion. Auch das Auggies Interessen in die Verfilmung integriert wurden, ist toll.
Während im Buch jedoch das Mädchen Summer sehr schnell eine wichtige Rolle an Auggies Seite einnahm [und somit meine Heldin war], wurde für den Film umdisponiert. Summer, gespielt von der süßen Millie Davis, hat in der Adaption einen sehr viel kleineren Part. Das fand ich etwas schade, denn ich hätte gerne mehr von ihr gesehen. Noah Jupe, der Jack Will verkörperte, ist eine tolle Besetzung mit dem ich wirklich sympathisierte.

Nachdem der kleine Wunderknabe sich also glaubte integriert zu haben, kommt ein kleiner Rückschlag. Und mit diesem verschiebt sich die Sichtweise der Geschichte. Zu meiner Überraschung gibt es im Buch eine Verschiebung der Perspektive. Dieser Wechsel wurde tatsächlich in den Film eingebracht. Somit verändert sich der Erzählstil in der Verfilmung nicht, was eine schöne Überraschung war. Der Leser trifft auf Via, seine große Schwester, die fortwährend zurückstecken muss für Auggie. Damit ihre Eltern sich auf ihren Bruder konzentrieren konnten, übernahm Via sehr schnell Verantwortung für sich selbst. Und obwohl sie dies oft traurig macht, liebt sie ihren Bruder über alles. Mir gefiel es, auf diese Weise Via näher kennen zu lernen. Man bekommt so einen direkten Zugang zu ihrem Gefühlsleben, denn auch sie hat es nicht gerade leicht. Zugegebenermaßen hatte ich nicht sofort einen Draht zu Via, während ich las. Die noch unbekannte Schauspielerin Izabela Vidovic jedoch verleibte Auggies großer Schwester mit ihrer Darstellung eine andere Sensibilität, die mich sehr für sich gewinnen konnte. Fortwährend springen wir so von einer Figur zur nächsten.

Ausgenommen vom Sichtwechsel sind Isabel und Nate Pullman (August‘ Eltern), was jedoch ohnehin nicht nötig gewesen wäre. Die Beiden sind nicht tragend für die Geschichte. In der Verfilmung wurden für diese Parts Julia Roberts und Owen Wilson besetzt. Zunächst war ich diesbezüglich skeptisch. Und ja, das galt insbesondere für Julia Roberts. Mir gefiel es nicht, dass mit ihrem Namen für den Film geworben wurde, wo es doch hierbei um August Pullman geht. Natürlich sah man sie als perfektes Aushängeschild für die Werbung. Schlussendlich hätte ich mir keine schönere Darstellung beider Schauspieler wünschen können. Vor allem Owen Wilson konnte einigen Szenen, durch seine Erfahrungen im Comedy-Bereich, gewitzten Charm einflößen ohne dabei zum Vollidiot zu mutieren. Aber auch für ernstere Momente war sicher nicht nur Julia Roberts gut besetzt.

Wer glaubt, die Verfilmung sei ein perfektes Ebenbild zum Buch, wird sich etwas wundern. Die Message ist nach wie vor die gleiche, es gab jedoch im Drehbuch ein paar Änderungen. Dazu sei gesagt, dass meine Eindrücke vom Buch noch recht frisch waren. Für den Verlauf wirklich tragende Abweichungen gab es nicht. Stephen Chbosky (Autor von „The Perks of being a Wallflower“) Regie führen zu lassen, war eine gute Entscheidung. Während der Entstehung des Films wurde das Gefühl des Buches durch ihn gelebt. So bat er alle Beteiligten, vor und hinter der Kamera, inständig um Höflichkeit und Respekt am Set. Kein böses Wort durfte fallen. Negativität wurde verbannt.

 

Tacheles…

Die Geschichte vom großartigen August Pullman verdient den Hype. In WUNDER lernen wir durch Auggie und seine Familie, dass innere Schönheit, Mut und Toleranz der wahre Schlüssel sind. Es verging während des Lesens kaum eine Seite, die mich nicht schwer schlucken ließ. Und auch im Kinosessel kamen die Tempos zum Einsatz. Während ich manchmal befürchtete, dass der Film zu sehr in den Kitsch abrutschen könnte, wischte der Humor der Figuren diese Bedenken beiseite. Das Ergebnis ist ein stimmig, rührender ‚cozy Film‘ mit einem wunderbaren Cast, den man immer wieder schauen möchte.

 

Alle Bildrechte obliegen dem Verleih StudioCanal | Hanser Literaturverlag

 

 

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